Mittwoch, 3. November 2010

PLE vs. LMS

Unter Personal Learning Environment (PLE) versteht man im aktuellen wissenschafltlichen Diskurs, ein Konzept zur Unterstützung des Lernenden in Hinblick auf die Organisation und Durchführung von technologiegestütztem Lernen mit dem Internet. PLE ist ein technisches Konzept, dessen Grundlage Social Software Anwendungen wie Wikis, Blogs, Social Communities sind. Der Lerner kreiert sich eine Online-Lernumgebung, in der er die für sich relevanten Daten, Informationen, Tools, Ressourcen und Kontakte flexibel zusammenstellt und seine Aktivitäten und Produkte wiederum Anderen öffnet. So können mittels RSS Daten von einem Anbieter übertragen (Syndikation) werden, als auch Daten aus unterschiedlichen Quellen gesammelt werden (Aggregation). Obwohl es schon seit längerer Zeit Applikationen gibt, die der Idee der PLE entsprechen (wie bspw. die Personalisierung von Startseiten bei dem sozialen Netzwerk Facebook), ist das Konzept der PLE noch jung und immer noch in der Entwicklungs- und Erprobungsphase. Realisierungsmöglichkeiten bieten derzeit u.a. : www.netvibes.com, www.pebblepad.co.uk/ oder http://elgg.org/.

Wichtigster Aspekt des PLE-Konzeptes ist die Personalisierbarkeit, d.h. die Möglichkeit der individuellen Zusammenstellung einer technischen Lern- und Arbeitsumgebung mit dem Ziel Wissen aufzubauen und zu teilen. Obwohl PLE primär ein technologisches Konzept denn ein didaktisches ist, und auch keine konkrete Methode zur Unterstützung des Lehr-Lernprozesse darstellt, bedient es dennoch in der Idee die konstruktivistische Überzeugung, dass Wissen immer individuell konstruiert wird, und Lernen bzw. Wissenserwerb immer auch über soziale Interaktion erfolgt. Damit vollzieht PLE einen entscheidenden Fokuswechsel in der Geschichte technologischer Lehr- Lernkonzepte: hin zum Lerner.

Insbesondere durch diesen lernerzentrierte Fokus unterscheidet sich das neue Konzept zu etablierten Konzepten wie der bspw. Learning Management Systemen (LMS). Im Sinne des Web 2.0, präsentiert sich PLE als ein offenes System mit vielen Schnittstellen, das vom Lerner kontrolliert wird. Gängige LMS hingegen werden vom Bildungsanbieter gepflegt und bilden zumeist ein in sich geschlossenes, geschütztes System. Diese unterschiedliche Herangehensweise drückt sich auch in der Struktur und Organisation sowie der Auswahl der Funktionalitäten aus. Sind diese Elemente bei LMS durch den jeweiligen Anbieter vorgeben, kann sich der Lerner diese im Rahmen der PLE selber – seinen aktuellen Bedürfnissen entsprechend – gestalten: er emanzipiert sich. Dieser Emanzipationsgedanke äußert sich auch in der Rolle, die der Lerner hinsichtlich der Lerninhalte in den beiden Konzepten LMS und PLE einnimmt. Vom Konsumenten professionell erstellter Inhalte, die ihm im Rahmen eines LMS dargeboten werden, wird er zum Produzenten von Inhalten gemäß der Philosophie des Web 2.0. Der Lernprozess ist damit auch weniger von außen geteuert denn selbst organisiert .

Aus dieser Gegenüberstellung wird deutlich, dass es sich bei LMS und PLE um unterschiedliche Konzeptionen handelt, die unterschiedlichen Ansprüchen entwachsen sind. Dienen LMS vor allem der Anbieterseite, so ist das Konzept der PLE eben als dieses gedacht, als persönliches. Gerade vor dem Hintergrund lerntheoretischer Erkenntnisse, stellt sich für die Zukunft des technologisch-gestützten Lernens vor allem die Frage nach der Vereinbarkeit der unterschiedlichen Konzepte. LMS erlaubt zwar einen gewissen Grad an Personalisierung, aber nicht im Ausmaße einer PLE. Hier liegt wiederrum die Problematik für den Bildunganbieter, der auf gewisse geschützte Funktionen (Teilnehmerverwaltung, etc.) und Standards (Leistungsüberprüfung) angewiesen ist. Denkbar ist es, dass sich LMS in Zukunft PLEs annähern werden, wie es bspw. die Weiterentwicklung von Moodle zu Moodle 2.0 , ahnen lässt, und somit Tools entstehen, die sowohl den Lehr- als auch den Lernprozess gleichermaßen gut und individuell unterstützen können.